Wohlfahrtsverbände im Kreis Unna zum Entwurf des Teilhabechancengesetzes: Langzeitarbeitslose haben echte Perspektive verdient

15.08.2018

Im Rahmen der diesjährigen Klausurtagung der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände im Kreis Unna haben sich rund 25 Vertreterinnen und Vertreter der Verbände, der Kreisverwaltung und –politik im Juli intensiv mit dem Thema „Armutsprävention“ beschäftigt.

Vor dem Hintergrund, dass in Deutschland Arbeitslosigkeit ein wesentliches Risiko und Ursache für Armut ist und gerade diejenigen, die schon lange vergeblich nach Arbeit suchen, ohne Unterstützung absehbar keine realistische Chance auf einen regulären Arbeitsplatz haben, wurde auch die Ausgestaltung des neuen Teilhabechancengesetzes diskutiert.

Rainer Goepfert, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände und Geschäftsführer der AWO im Kreis Unna, erklärt dazu:

„Es entspricht einer langjährigen Forderung der Wohlfahrtsverbände, Langzeitarbeitslosen eine Chance zu bieten, mit entsprechenden Unterstützungsleistungen dauerhaft am Arbeitsleben und der Gesellschaft teilzuhaben. Längere Arbeitslosigkeit führt nachweislich zu gesellschaftlicher Ausgrenzung, psychosozialen Belastungen, oft einhergehend mit einem schlechteren Gesundheitszustand. Länger andauernde Arbeitslosigkeit führt auch zu negativen Veränderungen in der Familie, mit einer Zunahme familiärer Spannungen und Konflikten.  Oftmals gerät die gesamte Familie in einen Abwärtssog, der auch den Kindern Zukunftsperspektiven verschließt. Um diesem Abwärtssog  zu begegnen, sollte der soziale Arbeitsmarkt niederschwellige Einstiege in Beschäftigung mit sinnhaften Tätigkeiten, einem wertschätzenden sozialen Umfeld, arbeitsplatzbezogenen Qualifizierungen und sozialpädagogischer Betreuung verbinden. Ein entscheidender Aspekt ist, dass die Förderung im Einzelfall so lange wie nötig erfolgt.

Im Kreis Unna hatte die AWO mit dem „Unnaer Appell: Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren!“ im Jahre 2016 auf die Notwendigkeit eines dauerhaft finanzierten sozialen Arbeitsmarktes hingewiesen und die erforderlichen Rahmenbedingungen dargestellt.

Wir begrüßen es daher, dass mit dem Gesetzentwurf  ein neues Förderinstrument geschaffen werden soll, um auch Langzeitarbeitslosen eine gute und längerfristig angelegte Perspektive zu geben. Der Gesetzentwurf muss aber deutlich nachgebessert werden. So ist die Voraussetzung, vorher mindestens sieben Jahre Hartz-IV bezogen haben zu müssen, viel zu lang. Die Menschen dürfen nicht so lange warten, bis sie an einem für sie passenden Förderinstrument teilnehmen können. Wir wissen aus vielen Studien und Untersuchungen: Negative Folgewirkungen und schwerwiegende Vermittlungshemmnisse entstehen bereits nach wesentlich kürzerer Dauer der Arbeitslosigkeit. Darüber hinaus muss auch ein Sozialer Arbeitsmarkt auf einer gerechten Bezahlung basieren, dessen Grundlage der Tarifvertrag und nicht der Mindestlohn ist.“

Aus Sicht der Wohlfahrtsverbände legt der Gesetzentwurf den betroffenen Personen zu viele Stolpersteine in den Weg, wenn sie für insgesamt mindestens sieben Jahre innerhalb der letzten acht Jahre Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II bezogen haben müssen. Vielmehr ist davon auszugehen, dass Menschen, die länger als zwei Jahre im Leistungsbezug sind, kaum ohne passende Förderangebote wieder in der Arbeitswelt Fuß fassen können. Die geplante Orientierung des Lohnkostenzuschusses allein an der Höhe des Mindestlohns, anstatt an den tatsächlich geleisteten regelmäßigen Lohnkosten, lehnen die Wohlfahrtsverbände ab.

Für die langzeitarbeitslosen Menschen im Kreis Unna wird sich das geplante Teilhabechancengesetz im Vergleich zum Jahresende auslaufenden Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“ sogar nachteilig auswirken. Im Programm Soziale Teilhabe konnte das Jobcenter mit Unterstützung der Politik, der Kommunen und der regionalen Träger ca. 700 Menschen, die zuvor vier Jahre und länger arbeitslos waren, eine Perspektive eröffnen. Dieses Engagement hatte die damalige Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles bei einem AWO-Fachgespräch in Kamen im September 2017 ausdrücklich gelobt. Dem Vernehmen nach wird der Kreis Unna im Rahmen des neuen Gesetzes nur noch rund 240 Stellen besetzen können.

„Das ist deutlich zu wenig. Ein großer Teil der Menschen hat sich im Rahmen des Programms Soziale Teilhabe stabilisiert und positiv entwickelt und arbeitet mit viel Engagement. Viele werden auch nach dem Auslaufen am 31.12.2018 aber auf weitere Unterstützung und Stabilisierung angewiesen sein. Mit Blick auf die viel zu geringe Zahl der Stellen im neuen Förderprogramm befürchte ich, dass ab dem 1.1.2019 viele Menschen ihren neu gewonnen beruflichen und persönlichen Halt verlieren und wieder Kunden des Jobcenters werden. Das wäre aus meiner Sicht genau das Gegenteil von dem, was wir unter einem Sozialen Arbeitsmarkt verstehen.“, zeigt sich Rainer Goepfert konsterniert. „Wenn das Gesetz und die Verteilung der geförderten Stellen so kommen, dann reden wir im Kreis Unna über einen deutlichen Rückbau des sozialen Arbeitsmarktes.“

Soll der Gesetzentwurf Langzeitarbeitslosen im Kreis Unna eine echte Chance bieten, am Arbeitsleben teilzuhaben, bedarf es deshalb noch deutlicher Nachbesserungen, lautet daher die Forderung der Wohlfahrtsverbände.

Position der Bundesarbeitsgemeinschaft der
Freien Wohlfahrtspflege zum Teilhabechancengesetz
Unnaer Appell der AWO im Kreis Unna:
Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanzieren!

Weitere Nachrichten

Meldung vom 27.05.2024
Ein buntes Zeichen für Vielfalt,Toleranz und Solidarität Lünen. Am Samstag setzten unsere Einrichtungen aus Lünen ein Zeichen für Vielfalt in Ihrer Stadt. Unter dem Motto "BUNT ist MEHR" hatten der Integrationsrat und der Behindertenrat der Stadt Lünen zu diesem Fest der Generationen einladen. Sowohl der Stand aller Lüner AWO Kitas als auch der Stand unserer Einglierungshilfe luden zu Mitamchaktionen und informativen Gesprächen ein.  weiterlesen
Meldung vom 26.05.2024
Gelebte Vielfalt im Lippepark  Hamm. Bei strahlendem Sonnenschein luden die Stadt Hamm und unsere Migrationsdienste am Samstag zum "Fest der Kulturen" in den Lippepark ein. Schon seit über 20 Jahren steht dieses Fest traditionell für die Vielfalt und Verbundenheit der Kulturen in Hamm. Auch in diesem Jahr beteiligten sich wieder zahlreiche Hammer Initiativen, Vereine und Verbände. Mit dabei waren neben unseren Migrationsdiensten auch unsere AWO Kitas "Seilfahrt" und "Lange Straße", die auf der Bühne ebenfalls ihren großen Auftritt hatten.weiterlesen
Meldung vom 24.05.2024
Zu einer Podiumsdiskussion zur Europawahl in die VHS Hamm wurden Schüler*innen, junge Menschen und aktive Mitglieder der einzelnen Jugendforen der Hammer Stadtteile eingeladen. Auch einige der Schüler*innen die an den Arbeitsgruppen unseres Respektcoaches teilnehmen, sind der Einladung gefolgt. In die Diskussion mit den Schüler*innen sind Vertreter*innen der SPD, von Bündnis 90/ Die Grünen, der FDP, der CDU und Volt gegangen. Für alle Beteiligten eine spannende Erfahrung. weiterlesen
Meldung vom 21.05.2024
In unserem Familienzentrum "Auf dem Mühlenberg" in Fröndenberg gibt es ab sofort 20 neue Ersthelfer*innen.  Unter fachkundiger Anleitung von Frau Rieke Sawusch, Mitarbeiterin des Christlichen Klinikum Unna und Mama eines Vorschulkindes, lernten die Vorschulkinder in zwei Gruppen unterschiedliche Grundlagen im Bereich der Ersten Hilfe. Dazu gehörten:weiterlesen
Meldung vom 17.05.2024
Der Schutz der uns anvertrauten Kinder hat für uns höchste Priorität. Damit rechtzeitig eine Gefährdung von Kindern erkannt werden kann, qualifizieren sich zahlreiche unserer Mitarbeitenden durch einen Zertifikatskurs zur „Fachberatung im Kinderschutz: Die insoweit erfahrene Fachkraft“. 14 Kolleginnen und Kollegen haben den Kurs nun erfolgreich absolviert. Die Übergabe der Zertifikate erfolgte u.a. durch unseren Geschäftsführer Rainer Goepfert, den Geschäftsführer der Bildung + Lernen, Thorsten Schmitz, unseren Abteilungsleiter Jugend- und Familienhilfe Heiko Sachtleber.weiterlesen
Meldung vom 16.05.2024
Für die Podcastreihe "Digital unterwegs im Kreis Unna" haben die Kolleginnen aus dem Bereich Kindertagesbetreuung eine Folge im MediaLab Kreis Unna aufgenommen. Thema der Folge: digitale Medien in der Kita. Sobald die Folge veröffentlicht ist, werden wir das hier entsprechend kommunizieren. weiterlesen
Meldung vom 14.05.2024
Im Frühjahr 2024 ist das TRIO mit seinen Gruppen und der Integrationsagentur in das Glückaufheim im Ahlener Süd-Osten umgezogen. Neben den neuen Räumlichkeiten wurden auf der Einweihungsfeier am 26. April die aktuellen Angebote im und außerhalb des TRIOs präsentiert.weiterlesen
Meldung vom 14.05.2024
Im Rahmen des Elterncafés haben die interessierten Eltern unserer Kita "Schatzinsel" in Bergkamen gemeinsam mit einer Kräuterpädagogin eine Kräuter-Entdeckungstour unternommen. Die nähere Umgebung unserer Kitas "Schatzinsel" und "Flohzirkus" diente dabei als Route. Auf der Tour wurden die Wildkäruter, die sich zum Verzehr eignen auch direkt probiert. Kaum zu glauben was für Schätze sich auf und neben den Wegen befinden. Einen kleinen Abstecher hat die Gruppe auch zum Kräutergarten des Hermann Görlitz-Seniorenzentrum gemacht. Auch hier gab es einiges zu entdecken.weiterlesen
Meldung vom 13.05.2024
In Kooperation mit der Wegweiser Beratungsstelle Dortmund/Hamm/Kreis Unna vom Multikulrellen Forum e.V hat unsere Integrationsagentur im Kreis Unna eine Veranstaltung zum Thema "Rassismus auf dem Arbeitsmarkt" durchgeführt. Die Veranstaltung richtete sich insbesondere an Frauen aus den niedrigschwelligen Sprachkursen der AWO-Integrationsagentur Kreis Unna. Die Schwerpunkte der Veranstaltung umfassten vor allem die Themen wie Rassismus und Diskriminierung, Geschlechterrollen, Empowerment und Handlungsoptionen sowie Erfahrungsberichte, Praxisbeispiele und Austausch.weiterlesen
Meldung vom 12.05.2024
Rund 40 Kolleginnen und Kollegen sind Ende April zu einem Impulstag "Medien in der Kita" zusammengekommen. Im Fokus des Tages standen die Fragen, wie das Team bzw. die Eltern im Prozess mitgenommen werden können und welche Möglichkeiten die Kitas bereits nutzen, um digitale Medien mit den Kindern im Kitaalltag einzusetzen. Gestaltet wurde der Tag von den vier Kitas "Auf dem Mühlenberg", "Bänklerweg", "Wackelzahn" und "Villa Kunterbunt". Die Praxis kam natürlich auch nicht zu kurz.weiterlesen