Sprach-Kitas: Deutschlernen – ohne zu lernen

25.11.2021

Spielerisch Deutsch lernen: Ricarda Franzen mit der Tanzgruppe der Rasselbande

Deutschlernen – ohne zu lernen

So funktioniert das in unseren Sprach-Kitas

Kinder lernen schnell. Und wenn sie ohne Druck im Kindergartenalter lernen, dann lernen sie auch, ohne es zu merken. Das hilft vielen Kleinen dabei, Deutsch so gut zu beherrschen, dass es in der Grundschule keine Sprachbarrieren gibt. Ein gutes Beispiel ist die AWO-Kita Rasselbande in Unna – eine von 25 Sprach-Kitas im Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems. Sie werden von drei AWO-Fachberaterinnen in vier Verbünden betreut, zu denen auch Kitas anderer Träger gehören. In jeder Sprach-Kita ist zudem eine zusätzliche Sprach-Fachkraft tätig, in manchen Einrichtungen wie der Rasselbande sogar zwei. Dagmar Hornung (Text) und Udo Hennes (Video) vom Hellweger Anzeiger waren zu Gast und geben einen Einblick in den Alltag der Sprach-Kita.

Zu Besuch bei der Rasselbande

Wo kommt beim Huhn das Ei raus, was landet beim Picknick auf dem Teller – und welches Ärgernis erwartet Rabe Socke, der nur eine Socke trägt? Auf all diese Fragen haben die Kinder der AWO-Kita Rasselbande in Königsborn eine Antwort, die sie auch artikulieren können. Denn regelmäßig regen Sprachfachkräfte wie Ricarda Franzen und Alisia Soyyigit mit Vorlesen, Gesprächen, Spielen und Tanz die Fantasie der Kinder an. Sie erweitern so spielerisch den Wortschatz der Kleinen.

Im Kindergartenalltag lernen, nicht ausgeschlossen werden: So sollte es eigentlich in jeder Kita laufen. Doch wenn einer Kindertageseinrichtung wie der Rasselbande in Unna gleich zwei Fachkräfte zugeteilt werden, können diese noch einmal ganz gezielt mit den Kindern und Eltern arbeiten, die Kompetenzen des Kollegiums erweitern. Dazu gibt es seit 2016 das Bundesprogramm Sprach-Kitas.

„Wir haben hier fünf Gruppen mit insgesamt 100 Kindern“, sagt Kindergartenleiter Jakob Ostermann. Aufgrund der Größe und des Anteils der Kinder mit Förderbedarf ist die Kita die einzige AWO-Kita in Unna und sie war 2016 eine der ersten Kitas im Kreis, die am Bundesprogramm Sprache teilnahmen.

Erfolgsdruck beginnt schon in der Grundschule

Später auf dem Arbeitsmarkt, aber auch schon früh in der Grundschule, ist ein sicherer Umgang mit Sprache die Voraussetzung für Erfolg. Der Kindergarten sei sozusagen die letzte Station, in der Kinder noch ohne Erfolgsdruck und ohne, dass das Ganze Lerncharakter hat, Sprache üben können, erklärt Ostermann.

Bei Ricarda Franzen passiert das zum Beispiel während sich die Kinder bewegen. „Beim Tanzen und Mitsingen fassen sie Mut zu sprechen.“ Die Kleinen drehen sich im Turnraum im Kreis, winken, lachen, ziehen die Schultern hoch, oder strecken sich gegenseitig die Zunge heraus. Dabei singen sie über das, was sie tun, verstehen es und sprechen gleichzeitig. Dabei sieht man den Kindern an, dass sie großen Spaß haben. Kaum ein Kind wirkt angestrengt.

„Diese Erlebnisse tragen die Kinder dann auch nach Hause in ihre Familien, sie erzählen dort vom Kindergarten“, weiß Jakob Ostermann. „Die Familie ist der erste Bildungsort der Kinder.“ Deshalb sei es auch so wichtig, die Eltern bei der sprachlichen Bildung mit ins Boot zu holen. Gerade jetzt in der Corona-Zeit kein leichtes Unterfangen. Da wird auch das Thema Digitalisierung immer wichtiger. Es gibt zum Beispiel eine App für die Kommunikation mit Familien.

Kita-Zeitung hat Eltern mit eingebunden

Gruppenleiterin Loreen Swietek hatte zum Beispiel eine Kita-Zeitung erstellt, an der sich auch die Eltern beteiligen konnten. Etwa mit tollen landestypischen Kochrezepten. Auch gemeinsame Kochveranstaltungen mit den Eltern gab es bei der Rasselbande schon. Bilder davon hängen im Flur, so dass sich die Kinder auf den Fotos betrachten – und auch darüber wieder ins Gespräch kommen können.

Im Eingang stehen Willkommensgrüße in zahlreichen Landessprachen. So fühlen sich alle Mütter und Väter willkommen. Aus wie vielen unterschiedlichen Nationen seine Schützlinge stammen, weiß Kita-Leiter Jakob Ostermann gar nicht genau. Es gehe auch keineswegs darum, dass sich die Kinder nur noch auf Deutsch unterhalten, erklärt die Diplom-Reha-Pädagogin und Sprachtherapeutin Stefanie Rieger, die für die Kita als Fachberaterin tätig ist. Die unterschiedlichen Sprachen werden als Bereicherung gesehen.

Sprach-Kitas erhalten im Bundesprogramm gleich doppelte Unterstützung: Die Kita-Teams werden durch zusätzliche Fachkräfte mit Expertise im Bereich sprachliche Bildung verstärkt. Die Fachkräfte wie Ricarda Franzen und Alisia Soyyigit sind direkt in den Kitas tätig. Sie begleiten die Kita-Teams auch bei der Weiterentwicklung ihrer alltagsintegrierten sprachlichen Bildung. Zusätzlich finanziert das Programm die Fachberatung durch Beraterinnen wie Stefanie Rieger. Bundesweit ist etwa jede zehnte Kita eine Sprach-Kita. Davon profitieren rund 500.000 Kinder und ihre Familien. Hellweger Anzeiger, 21. November 2021

 

Zum HA-Video "Deutschlernen in der Kita Rasselbande":

 

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