„Es gibt immer viel zu tun“
15 Jahre Integrationsagenturen: AWO-Einrichtungsleiterin Anke Peters zieht Bilanz und zeigt mit ihren Kollegen Gesicht
Kreis Unna. Vor 15 Jahren sind in NRW die ersten Integrationsagenturen an den Start gegangen. Betrieben werden sie bis heute von den Spitzenverbänden der freien Wohlfahrtspflege. Insgesamt gibt es mittlerweile 214 Einrichtungen dieser Art, davon befinden sich viele in Trägerschaft der Arbeiterwohlfahrt (AWO). Im AWO-Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems sind sie an den Standorten Ahlen, Hamm und Bergkamen zu finden. Zudem ist ergänzend das KOMM AN-NRW-Programm für Flüchtlinge und Neuzugewanderte in Hamm und Bergkamen angesiedelt. Dem 15. Geburtstag der Integrationsagenturen wird gleich mit drei Veranstaltungen im AWO Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems Rechnung getragen: Gerade ist die Ausstellung „Beispiele erfolgreicher Integration“ in der Stadtbibliothek Bergkamen zu Ende gegangen; einen Onlineworkshop unter dem Titel „Diversitätsbewusstes Handeln und Kommunizieren - Wie geht interkulturelles Konfliktmanagement“ in Hamm haben insgesamt 19 Fachkräfte der AWO, des DRKs und weiterer Dienste aus Hamm kostenfrei genutzt; die Integrationsagentur in Ahlen hat eine Exkursion für Frauen mit Zuwanderungsgeschichte zur Gedenkstätte und zum NS-Dokumentationszentrum nach Bonn organisiert.
Im Interview zieht Anke Peters, Integrationsagentur- und Einrichtungsleitung der Migrationsdienste bei der AWO Ruhr-Lippe-Ems, Bilanz, richtet den Blick auf das Hier und Jetzt und spricht über Kommendes.
Nach 15 Jahren Arbeit der Integrationsagenturen, wo stehen die Integrationsagenturen heute und wie weit hat sich ihr Aufgabenfeld verändert?
Anke Peters: Das Aufgabenfeld der Integrationsagenturen ist immer noch dasselbe wie zu Beginn: wir arbeiten sozialraumorientiert, leisten Antidiskriminierungsarbeit und unterstützen die interkulturelle Öffnung von Einrichtungen und fördern das bürgerschaftliche Engagement von Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte im Bereich Integration. Das Thema Integration ist für uns nach wie vor eine Querschnitts- und Empowerment-Aufgabe. Wir unterstützen mit unseren niedrigschwelligen Angeboten die Teilhabe im Sozialraum und leisten damit auch Antidiskriminierungsarbeit. Wir führen Angebote, wie Freizeit-, Bildungs-, Kultur- und Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Themen und für unterschiedliche Zielgruppen durch. Wir bieten auch Mediation bei Konflikten an und unterstützen die in den Quartieren agierenden Institutionen, Netzwerke, Projekte Migrant*innen-Selbstorganisationen, Vereine und Initiativen. Hingegen ändern sich über die Jahre hinweg immer wieder die Zielgruppen. Die unterschiedlichen Erfahrungen, Migrationsanlässe und kulturellen Hintergründe erfordern entsprechend oft kurzfristig passgenaue Angebote.
Aktuell läuft NRW-weit eine Fotokampagne zum Thema „Integration – wir können das“, die vor allem auch online gespielt wird. Die Schwarz-Weiß-Bilder zeigen Gesichter der Migrationsdienste und in einem kurzen Statement wird deutlich, was den jeweiligen Mitarbeiter auszeichnet. Sie sind bekennender Fan der Aktion und wollen ihr zu mehr Öffentlichkeit verhelfen. Warum?
Anke Peters: Die AWO begleitet und unterstützt seit 60 Jahren die Integrationsprozesse von Zugewanderten mit viel Erfolg und einer Menge Erfahrung. Darauf bin ich als Mitarbeiterin der AWO stolz und möchte dies unterstreichen.
Gesicht zu zeigen und Farbe zu bekennen, öffentlich zu sein – kostet das gerade heute Mut und Überwindung? Wie erleben das Ihre Mitstreiter?
Anke Peters: Da wir alle unseren Werten verpflichtet sind, ist es selbstverständlich auch öffentlich dafür einzutreten.
Sie haben sich für die Formulierung „Wandert gern auf neuen Wegen zu neuen Höhen“ entschieden – ist das Bild auf Ihre Arbeit übertragbar? Oder müssen da aktuell eher viele tiefe Täler durchschritten werden?
Anke Peters: Es gibt immer viel für die Integrationsagenturen zu tun, da wir ein Einwanderungsland sind. Wir beobachten den Bedarf im Sozialraum und reagieren schnell mit Angeboten im Integrationsbereich. Das heißt wir müssen immer spontan auf neue Zielgruppen eingehen können und stets neue Herausforderungen annehmen. Ich persönlich finde dies sehr spannend und vergleiche das gerne mit meiner Leidenschaft zu wandern.
Unsere Gesellschaft wird internationaler, das Land befindet sich im Wandel und ein friedvolles Miteinander ist ein hartes Stück Arbeit. Die Aufgabengebiete der Integrationsagenturen wachsen, aber wie ist es um die Finanzierung der Einrichtungen bestellt?
Anke Peters: Leider ist die Finanzierung der Integrationsagenturen nicht auskömmlich. Die Fördersumme ist gedeckelt und nicht an die stetigen Tariferhöhungen angepasst. Dies führt die Träger immer wieder vor die Notwendigkeit den Eigenanteil zu erhöhen. Wir wünschen uns eine bessere personelle Ausstattung und eine höhere Refinanzierung.
Drehen wir die Zeit weiter – wo sehen Sie die Integrationsagenturen an ihrem 30. Geburtstag?
Anke Peters: Ich hoffe besser aufgestellt. Denn Einwanderung gibt es immer und die Zukunft unseres Landes ist multikulturell. Um die Teilhabe der zugewanderten Menschen zu unterstützen und die Demokratie zu erhalten benötigen wir die Arbeit der Integrationsagenturen!