"Keinen verderben lassen, auch nicht sich selber, jeden mit Glück erfüllen, auch sich. Das ist gut.“ Mit einem Zitat von Bertolt Brecht begrüßte Anabela Dias de Oliveira, Geschäftsführerin des Projekts LÜSA, die Gäste der Arbeiterwohlfahrt um den Bezirksverbandsvorsitzenden Michael Scheffler und den Unterbezirksvorsitzenden Hartmut Ganzke. Das Zitat beschreibe in wunderbarer Weise die Arbeit von LÜSA, so Dias de Oliveira. Bereits seit 1997 engagieren sich die ehrenamtlichen Vorstandsmitglieder und das hauptamtliche Team um mehrfach schwerstgeschädigte chronisch drogenabhängige Menschen. Aktuell bietet LÜSA in zentraler Lage über 80 Menschen substitutionsgestützen Wohn- und Lebensraum sowie vielfältige Unterstützungsangebote, wie das Tagestrukturzentrum „Re.mise“.
Das die AWO sich über die Arbeit genauer informieren will, hat einen Hintergrund: das Projekt LÜSA ist eine Einrichtung des Vereins zur Förderung der Wiedereingliederung Drogenabhängiger e.V. (VFWD e.V.) in Unna, der kooperatives Mitglied des AWO Bezirksverbandes Westliches Westfalen e.V. ist. Gemeinsam mit ihren korporativen Mitgliedern geht die AWO neue Aufgaben an und verfolgt sozial- und fachpolitische Ziele.
Besonders interessierten sich die AWO Vertreter für die Dauerwohneinrichtung (DAWO) in Unna-Hemmerde, die seit Januar 2015 14 alternden drogenabhängigen Menschen eine unbefristete Möglichkeit gibt, in Gemeinschaft und Würde zu altern. Die DAWO wurde eingerichtet, weil dank niedrigschwelliger Hilfen, abhängige Menschen überleben und zunehmend älter werden und die spezifischen Bedürfnisse in regulären Alters-/Pflegeheimen noch nicht entsprechend erfüllt werden. Mit der DAWO wurde eine Nahtstelle von Wiedereingliederungshilfe und Pflege- und Senioreneinrichtung geschaffen, die den Bewohnerinnen und Bewohnern mit ihren schweren Erkrankungen gerecht wird.
Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes ist eine große Herausforderung
Seit der Gründung musste sich das Projekt LÜSA auch immer wieder mit neuen Herausforderungen auseinandersetzen, wie aktuell mit der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) zum 1.1.2020. Die Gruppe der „Menschen mit Teilhabe-Beeinträchtigung“ durch die spezifischen Problemlagen der Sucht sei an keiner Stelle im Gesetz berücksichtigt, kritisiert Anabela Dias de Oliveira. Mit viel Arbeits- und Verwaltungsaufwand seien auch die vorgesehene Trennung der Leistungen in stationären Wohnhilfen und die damit verbundene Teilung der Kostenträgerschaft verbunden. „Das Gesetz soll zwar Inklusion ermöglichen, aus meiner Sicht sind drogenabhängige Menschen aber eher verstärkt außen vor.“
AWO Bezirksvorsitzender Michael Scheffler hat viel Verständnis für das Problem, da auch viele Einrichtungen der Arbeiterwohlfahrt, zum Beispiel in der Eingliederungshilfe, vor ähnlichen Herausforderungen stehen. „Das neu geschaffene Teilhaberecht muss kontinuierlich überprüft und angepasst werden. Ob das neue Bundesteilhabegesetz sein Ziel – die Verbesserung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention - erreichen wird, muss abgewartet werden und wird sich erst im Alltag der Menschen zeigen.“, so Michael Scheffler. Die AWO werde gemeinsam mit ihren korporativen Mitgliedern die Umsetzung und die Folgen des Gesetzes intensiv begleiten und wenn nötig Nachbesserungen im Sinne der Menschen fordern.
Foto: Bei ihrem Informationsbesuch schauten Michael Scheffler (2. v.r.) und Hartmut Ganzke (1 v.r.) gemeinsam mit Anabela Dias de Oliveira auch den LÜSA-Mitarbeitenden im Tagestrukturzentrum „Re.mise“ über die Schulter.