Corona und Rassismus: Hat die Pandemie Vorurteile verschärft?

25.03.2021

Zum Internationalen Tag gegen Rassismus im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus erklärt Anke Peters von der AWO-Integrationsagentur Ahlen und Einrichtungsleitung der Migrationsdienste der AWO Unterbezirk Ruhr-Lippe-Ems, warum der Kampf gegen Rassismus in Zeiten der Pandemie besonders wichtig ist.

Welche Auswirkungen hat die Pandemie auf rassistische Tendenzen in der Gesellschaft? Was hat sich konkret verändert?

Wir haben in unserem Arbeitsbereich festgestellt, dass sich der bereits vorhandene Rassismus im privaten wie öffentlichen Raum durch die Corona-Pandemie verstärkt hat oder anders zu Tage tritt. Manche Medien heben in Bezug auf die Infektionsverbreitung bestimmte Gruppen, wie Menschen mit Zuwanderungsgeschichte hervor. So werden z.B. durch das Titelbild des Spiegels vom Februar 2020 „Made in China“ oder durch die Berichterstattung der BILD im März 2021 über Aussagen des RKI zum hohen Anteil von Intensiv-Patienten mit Migrationshintergrund schon bestehende Vorurteile weiter geschürt. Aus Gesprächen mit den Kolleginnen und Kollegen aus den Migrationsdiensten weiß ich, dass in der Pandemie viele Ratsuchende mit Zuwanderungsgeschichte vermehrt auch persönliche Schuldzuweisungen erlebt haben.

Welche Bevölkerungsgruppen sind denn besonders von Rassismus betroffen?

Besonders Menschen mit Zuwanderungsgeschichte aus Südosteuropa und Asien sowie Flüchtlinge und türkische Familien werden in der Pandemie für die Ausbreitung des Virus verantwortlich gemacht. Das Feiern von Rave-Partys und Massenrodeln im Sauerland stehen nicht so im Fokus der Medien und geraten schnell zur Randnotiz. Dass etwa prekäre Lebens- und Wohnsituationen von Zugewanderten, die in der Fleischindustrie tätig sind, zur Infektionsverbreitung führen, liegt in der Verantwortung der Unternehmen und der deutschen Gesellschaft bzw. der Politik.

Befeuern Corona-kritische Bewegungen wie die „Querdenker“ oder die AfD rassistische Klischees?

Auf jeden Fall verstärken Querdenker und politische Strömungen am rechten Rand die schon vorhandenen Vorurteile und Klischees und nutzen die Corona-Krise als Bühne für Rassismus und Diskriminierung. Beate Küpper, Professorin an der Hochschule Niederrhein, bringt es treffend auf den Punkt, wenn sie sagt die Corona Krise sei wie geschaffen für Verschwörungstheorien und Rassismus. Sie warnt davor, dass besonders der Rechtspopulismus befördert würde.
 

 

 

 

Wie wirkt sich Corona auf die Arbeit der Integrationsagentur und der Beratungsstellen aus?

Wir als Migrationsdienste spüren sehr deutlich die Auswirkungen und insbesondere die Einschränkungen in unserer Arbeit mit den Ratsuchenden. Da viele Behörden für die Ratsuchenden mangels genereller Öffnungszeiten und Schließungen schlechter erreichbar sind, erhöhen sich die Unterstützungsanfragen an unsere Beratungsstellen. Unsere Mitarbeitenden können allerdings selbst nur bedingt Präsenzberatungen durchführen und sind auf regelmäßige telefonische Beratung umgestiegen. Dies ist deutlich aufwendiger für alle. Mit Ausfall der Gruppenangebote war es schwierig, unsere Zielgruppen persönlich zu erreichen. Viele Menschen haben seit einem Jahr kaum Möglichkeiten, sich über ihre Sorgen mit anderen auszutauschen. Alte Menschen vereinsamen und die Kinderförderung fällt aus. Frauen wurden wieder auf ihre rein häusliche Rolle zurückgeworfen. Die Angebote zur Stärkung des Empowerments mussten ausfallen. Bildungsferne und arme Familien mit Zuwanderungsgeschichte sind mit der Digitalisierung des Unterrichtes überfordert. Meines Erachtens wurden Integrationsprozesse ausgebremst.

Welche Maßnahmen aus der Politik braucht es, um dem Corona-bedingten Rassismus entgegen zu treten?

Aus unseren langjährigen Erfahrungen in der Migrationsarbeit wissen wir, dass eine abgesicherte finanzielle (vollfinanzierte) und auch kontinuierliche ideelle Unterstützung unserer Arbeit notwendig ist. Einerseits um unsere Ratsuchenden weiterhin unterstützen zu können und andererseits, um die Öffentlichkeit über die Zusammenhänge zwischen Armut, prekären Wohn- und Arbeitsverhältnisse und Gesundheitsstatus aufklären zu können.

Die Demonstrationen rund um „Black Lives Matter“ fielen genau in die Pandemie. Sehen Sie in Corona auch eine Chance, was die Aufklärung und das Engagement gegen Rassismus angeht?

Als AWO sollten wir die Corona Krise als Anlass nehmen, deutlich darauf hinzuweisen, dass es Rassismus wirklich gibt und wir ihm weiterhin in verschiedenen Bereichen und auf unterschiedlichen Ebenen entgegentreten müssen. Insofern bietet die Corona Krise eine Chance zum Positiven.
Grundsätzlich werden in Krisenzeiten unsere gesellschaftlichen Probleme deutlicher. Wir sollten dies nutzen, um nach zu korrigieren.

Was kann jede*r Einzelne gegen Rassismus tun?

Wir müssen uns nach wie vor gegen jede Art von Diskriminierung und Rassismus stellen und verhindern, dass bestimmte Gruppen von Menschen zum Sündenbock in unserer Gesellschaft gemacht werden. Wir müssen aufklären und uns einmischen. Wir müssen uns mit von Diskriminierung betroffenen Menschen solidarisieren und ihnen unsere Unterstützung anbieten.

Quelle: AWO Bezirk Westliches Westfalen

 

Sehen Sie hierzu auch die Videos der AWO Migrationsdienste mit Menschen, die im Interview von ihren Erfahrungen zum Thema Rassismus berichten: www.awo-rle.de/migrationsdienste

 

 

Weitere Nachrichten

Meldung vom 15.08.2024
Hamm/Berlin. Eine Gruppe von Schülerinnen und Schülern der Realschule Bockum-Hövel hat in der Zeit vom 5. bis 9. August 2024 über die Arbeiterwohlfahrt Ruhr-Lippe-Ems und den Respekt Coach Herr Gausepohl Berlin besucht und dabei eine Woche voller Erlebnisse und emotionaler Eindrücke verbracht. Die Gruppe war in der Alten Feuerwache in Kreuzberg untergebracht. Dort hatte die Gruppe eine komplette Etage in ihrer Unterkunft für sich allein und konnte von dort aus täglich ungestört die Hauptstadt erkunden.weiterlesen
Meldung vom 14.08.2024
Selm. Die Radstationen im Kreis Unna verfügen über ein besonders gutes Serviceangebot. Landrat Mario Löhr hat am Serviceknoten in Selm Station gemacht und freut sich gemeinsam mit der Kreistagsabgeordneten Bettina Schwab-Losbrodt über das stetige Wachstum bei den Serviceaufträgen, Parkkundinnen und Parkkunden sowie Radvermietungen.weiterlesen
Meldung vom 09.08.2024
30 Jahre Hugo-Stoffers-Seniorenzentrum in Ahlen AWO Ortsverein Ahlen und der AWO Kreisverband Warendorf schenken Bewohnern einen neuen Fernseher. weiterlesen
Meldung vom 06.08.2024
Lünen. Damit im Ernstfall alle wissen, was zu tun ist, wurde im Sozialen Zentrum Lippeaue der Brandfall geprobt. Zusammen mit der Freiwilligen Feuerwehr Lünen haben die Mitarbeiter*innen, Bewohner und Gäste der Einrichtungen in der Lippeaue realistische Brand-Szenarien simuliert.weiterlesen
Meldung vom 02.08.2024
Zum 01. August startet für viele Berufe das neue Ausbildungsjahr und auch bei uns ist viel los: Über 80 Auszubildende werden wir als verlässlicher Ausbildungspartner in der Region auch in 2024 wieder begleiten. In den kommenden Wochen werden wir aufInstagram und Facebook einige unserer "Newbies" und ihre Berufswahl genauer vorstellen, denn wir möchten die Vielfältigkeit sinnstiftender Arbeit präsentieren, Lust auf soziale Berufe machen und zeigen, wie perspektivreich dieses Berufsfeld ist. Seid gespannt!weiterlesen
Meldung vom 29.07.2024
Erster Austausch zu wichtigen zukunftsweisenden Themen  weiterlesen
Meldung vom 16.07.2024
Anlässlich seines Amtsantritts ist es unserem Vorsitzenden Oliver Kaczmarek wichtig, sich mit den unterschiedlichen Arbeitsbereichen auszutauschen. In dieser Woche besuchte er unser Tochterunternehmen, die DasDies Service GmbH. Es handelt sich hierbei um unser Inklusionsunternehmen. Gemeinsam mit dem AWO-Geschäftsführer Rainer Goepfert und dem DasDies-Geschäftsführer Maciej Kozlowski, besuchte er am Standort Kamen die verschiedenen Arbeitsbereiche, die vor Ort ansässig sind. So ging es nach einem intensiven Austausch zuerst in das Second-Hand-Kaufhaus "Stöberei".weiterlesen
Meldung vom 11.07.2024
Der Verkehrshof im Lüner Stadtteil Brambauer hat ein neues Radparkhaus: Am Umstieg zur Stadtbahnlinie nach Dortmund können Radlerinnen und Radler ihr Fahrrad ab sofort witterungsgeschützt und videoüberwacht abstellen. 60 Parkplätze in einem eingezäunten Bereich mit elektronischem Zugang bietet das Radparkhaus neben 40 offenen Fahrradparkplätzen. Das Parken im abgeschlossenen Bereich ist für Lüner*innen sogar kostenlos. Den Zugangs-Chip für das Parkhaus bekommen Interessierte gegen ein Pfand von 20 Euro in den Radstationen am Bahnhof und in der City.weiterlesen
Meldung vom 08.07.2024
Für unseren Vorsitzenden Oliver Kaczmarek ging es heute zum Bereich Jugend- und Familienhilfe. Gemeinsam mit unserem Geschäftsführer Rainer Goepfert, dem Abteilungfsleiter Heiko Sachtleber sowie den Fachbereichsleitungen Susanne Sakschweski und Petra Schröder tauschten sie sich intensiv u.a. über die schwierigen finanziellen Situationen in diesem Bereich aus. Gerade das Thema Offene Ganztagsschule und das noch immer fehlende Gesetz zur rechtlichen Absicherung und mit verbindlichen Standards, war für alle Beteiligten Grund zum Austausch.weiterlesen
Meldung vom 02.07.2024
Unsere Einrichtungsleitungen Sabine Rademacher (Kita Drostegärtchen) und Kathrin von Oppenkowski (Kita Biberbande) haben in den vergangenen 10 Monaten an einem Qualifizierungskurs zur Reggio- Fachkraft teilgenommen. Unter dem Titel „Wenn das Auge über die Mauer springt“ fand der Kurs in 6 Modulen zu Themen wie Raumgestaltung, Rolle der Erzieherin, Atelierarbeit und Projektarbeit in der Akademie Franz Hitze Haus in Münster statt.weiterlesen