Von Susanne Brzuska, Hellweger Anzeiger
Oberaden. Zotteliger Zuwachs in der Kita sorgt für tierisch gute Stimmung.
Bruno ist noch nicht einmal halb so alt wie der größte Teil seiner neuen Spielkameraden, aber teilweise doppelt so groß wie einige der Mädchen und Jungen, die die Kindertageseinrichtung Funkelstein in Oberaden besuchen. Das macht denen aber gar nichts aus. Sie haben den Labradoodle – eine Mischung aus Labrador und Königspudel – von Anfang in ihr Herz geschlossen und ihre Gemeinschaft aufgenommen.
Und das nicht nur, weil man mit Bruno so richtig gut kuscheln kann. In erster Linie gehört Bruno zu Einrichtungsleiterin Cordula Katzsch.
Auf den Hund gekommen ist sie allerdings ausschließlich, weil sie davon überzeugt ist, dass Hunde in einer Tageseinrichtung Dinge vermitteln, die Kinder sonst nie so lernen könnten. Besonders Kinder mit Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten profitieren von dem tierischen Weggefährten. Aber auch alle anderen. Bruno ist für alle da.
Bruno tröstet und hört zu
Die Kinder fragen, wie es ihm geht und ob es ihm schmeckt. Sie teilen ihm ihre Erlebnisse mit und kümmern sich um ihn. Und Bruno hört uneingeschränkt zu und gibt ihnen das Gefühl, verstanden zu werden. „Jeder will ihn streicheln, alle möchten mit ihm rausgehen oder mit ihm kuscheln“, sagt Cordula Katzsch. Selbst die Eltern, die morgens ihre Kinder bringen, fragen als Erstes nach Bruno. Bruno macht das alles mit. Der Labradoodle hat einen Eignungstest hinter sich und den mit Bravour bestanden. Ganz egal, ob ihm die Hundetrainerin während dessen die Ohren lang gezogen oder ihn angeschrien hat. Bruno bleibt ruhig.
Von der Idee bis zur Umsetzung, den tierischen Begleiter im Kindergarten zu etablieren, hat es ein wenig gedauert. Eltern, Kollegen und vor allem auch die Awo als Träger mussten dem Plan zustimmen, Cordula Katzsch selbst über mehrere Wochenenden eine Fortbildung machen. Sie ist froh, dass letztlich alle ihrer Idee zugestimmt haben und vor allem die Awo ihrer Mitarbeiterin keine Steine in den Weg gelegt hat. Im Gegenteil, sie bekomme von allen Seiten Unterstützung.
Wenn es Bruno vielleicht doch einmal zu laut oder wuselig wird, zieht es sich ins Obergeschoss ins Arbeitszimmer seines Frauchens zurück. Dort am Fenster ist sein Platz, hier schaut er ins Grün und auf die Felder und ruht sich aus. Besucher begrüßt er vorsichtig, ein wenig schnuppern, ein wenig Körperkontakt, alles, ohne aufdringlich zu sein. Das war's. Laut wird Bruno selten. Dass der wuschelige Zottel tatsächlich auch bellen kann, daran erinnert er höchstens morgens zur Begrüßungsrunde.
Küche bleibt tabu
Dass sie sich einen eigenen Hund anschafft und ihn dann mit ins Team des Kindergartens aufnimmt, hat sich Cordula Katzsch gut überlegt. Nachdem ihr Entschluss feststand, hat sie sich eine neue Wohnung mit Garten gesucht. Für Bruno. Der Labradoodle haart nicht und hat ein besonders ruhiges Wesen, für die Erzieherin zwei wichtige Kriterien, als sie sich für eine Hunderasse entscheiden musste. Täglich trainiert sie mit dem Hund, Gehorsam und Suchspiele. Im Kindergarten heißt es: Nicht ohne unseren Hund. Sind die Kinder unterwegs, ist Bruno immer mit dabei, ob im Wald oder beim Parcours in der Turnhalle. Ist ihm langweilig, stromert er durch die einzelnen Gruppen. Einziges Tabu bleibt die Küche. Das war das Erste, was er trainiert hat. Und wenn es dort noch so gut duftet. Die Kinder sind seine Paten, schauen, ob immer genug Wasser in seinem Napf ist oder er noch ausreichend mit Leckerchen versorgt ist. Sie haben Verantwortung übernommen und tun dies dann auch zu Hause.
Verantwortung lernen
„Einige haben ihre Eltern schon daheim daran erinnert, dass ja jetzt mal dringend der Käfig mit dem Meerschweinchen sauber gemacht werden müsse“, freut sich Cordula Katzsch. Bruno fördert die Kommunikation, Bruno tröstet. Ein Hund, der Team und Kinder bereichert, von den Eltern geliebt wird und sich selbst täglich auf den Besuch in der Einrichtung freut: Sobald Cordula Katzsch mit dem Auto in die Straße zum Kindergarten einbiegt, gibt es für Bruno kein Halten mehr.
Kita Funkelstein ist die erste Awo-Einrichtung mit Haustier im Kreis Unna
Tiergestützte Pädagogik ist eine zielgerichtete, geplante und strukturierte Handlung, die von professionellen Pädagogen oder gleichwertig qualifizierten Personen geleitet wird. In der Kindertagesstätte Funkelstein hat diese Funktion Cordula Katzsch übernommen. Mit dem Labradoodle Bruno will – und hat sie bereits – der Einrichtung eine ganz besondere Note verliehen. Eine tierische Note, die nicht nur bei den Kindern, sondern auch im Team und bei den Eltern und Besuchern auf Zustimmung stößt. Immer mehr Kinder zeigen Entwicklungsstörungen und Verhaltensauffälligkeiten, die tierische Pädagogik bietet sich in diesen Fällen als ein Weg an, Kinder dazu anzuregen, sich lebhaft, kreativ, phantasievoll und wissbegierig zu entwickeln, erklärt Einrichtungsleiterin Cordula Katzsch. Kinder, die mit Tieren aufwachsen, hätten ein ausgeprägteres Sozialverhalten, seien rücksichtsvoller und seltener verhaltensauffällig als ihre Altersgenossen ohne Haustier. Mit einem Tier – in der Kita Funkelstein nun mit Hund – werde die Entwicklung der Kinder in sozialer, emotionaler und psychischer Hinsicht gezielt unterstützt. Beispielsweise kann dies geschehen während eines Spaziergangs im Wald, beim gemeinsamen Überwinden eines Hindernisparcours – für die Motorik, oder einfach nur, indem Kinder Bruno anfassen und ihn riechen – als Übung für die Sinne. Im intensiven Kontakt mit dem Hund können Kinder erkennen, dass auch ihr tierisches Gegenüber Bedürfnisse und Gefühle hat, die respektiert werden müssen. Mit Bruno können die Funkelsteinkinder lernen, Empathie zu entwickeln und zu lernen.
Foto: Einrichtungsleiterin Cordula Katzsch mit Udo, Jolen, Lenard, Mia, Maxim und dem Labradoodle Bruno.